EAA KONFERENZ 2024
10. bis 12. Oktober 2024
The Rise of the Ecological Imagination
in German-speaking Cultures from the 18th Century to the Present.
Trotz seiner Anmutung als naturwissenschaftlicher Fachausdruck, ist der Begriff Ökologie in der philosophischen Anthropologie beheimatet. In seiner ursprünglichen altgriechischen Bedeutung verstand man unter dem logos des "Haushalts" (oikos) all das, was zum Leben und zur Erhaltung des Hauses gehörte, wobei das haushalten der begrenzten Ressourcen eine besondere Rolle einnahm. Charles Darwins On the Origins of Species (1859) war zweifelsohne der Beginn einer naturwissenschaftlich geprägten ökologischen Bewegung, es waren aber deutschsprachige Wissenschaftler des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts, die die Ökologie als Wissenschaft begründeten. Justus von Liebig, der ab 1852 in München lehrte, näherte sich ihr durch die Chemie. Wenige Jahre später, ebenfalls in München, tat dies der Däne J.E.B. Warming über eine ökologisch ausgestaltete Pflanzenkunde. Etwa zur gleichen Zeit, 1861, begann Ernst Haeckel (der den Begriff Ökologie 1866 einführte) seine Arbeiten an der Universität Jena. August Thienemann erweiterte im Jahre 1905 den Wirkungskreis des Konzeptes an der Universität Greifswald durch seine Studien zur Ökologie der Wassersysteme. Jakob Johann von Uexküll war es jedoch, der 1924 an der Universität Hamburg die Ökologie als Forschungsgebiet endgültig etablierte.
Das ökologische Denken hat jedoch eine Vorgeschichte, die zumindest im Sturm und Drang fühlbar in Erscheinung trat. Am eindeutigsten kommt es in den Schriften der Romantiker, insbesondere in den philosophischen Schriften der deutschen Romantik zum Vorschein. Ernst Haeckel zitierte noch Goethe und Alexander von Humboldts Naturauffassung im Kosmos (1845-58) wird man nur dann gerecht, wenn man sie in den philosophischen Debatten der Weimarer Klassik situiert. Humboldts Auffassung der Natur als ein zusammenhängendes (und voneinander abhängiges) System verdankt ihre Kühnheit der selbstbewussten Stellung der Naturphilosophie Schellings. Und F.W. von Schelling war nur einer von Humboldts fast 3.000 (europäischen) Briefpartnern.
Es ist dieses Zusammenspiel und diese Wechselwirkung der Natur- und Geisteswissenschaften, die dieses Symposium zur Entstehung des ökologischen Gedankens vereint. Die Tagung, die in München und in der Marktgemeinde Murnau stattfinden wird, soll die breite Ausstrahlung und die transdisziplinäre Ausprägung des öko-logischen Denkens bis zum heutigen Tage wiedergeben.
(Hans-Peter Söder)
„Ich habe den tollen Einfall, die ganze materielle Welt, alles was wir heute von den Erscheinungen der Himmelsräume und des Erdenlebens, von den Nebelsternen bis zur Geographie der Moose auf den Granitfelsen, wissen, alles in Einem Werken darstellen, und in einem Werken, das gleichzeitig in lebendiger Sprache anregt und das Gemüth ergötzt. . . Es muß eine Epoche der geistigen Entwickelung der Menschheit (in ihrem Wissen von der Natur) darstellen.“
A. von Humboldt, Notizen zu seinem Kosmos (1843 -)
. . .ich dann im hohen Grase am gefallenden Bache liege, und näher an der Erde tausend mannigfaltige Gräschen mir merkwürdig werden; Wenn ich das Wimmeln der kleinen Welt zwischen Halmen, die unzähligen, unergründlichen Gestalten der Würmchen, der Mückchen näher an meinem Herzen fühle…
Goethe , Die Leiden des jungen Werthers (1774)